Burgstraße59 – Update002 I Eine Woche Aufschub für den Erhalt des ehemaligen Wohnhauses der Familien Hirsch und Weil
Burgstraße 59: Eine Woche Aufschub für den Erhalt des ehemaligen Wohnhauses der Familien Hirsch und Weil
In Salzwedel sorgt seit Tagen der geplante Abriss des Hauses Burgstraße 59 für große öffentliche Diskussion. Das historische Gebäude im Herzen der Altstadt war das Wohnhaus der Familien Hirsch und Weil, deren Mitglieder Opfer der Shoah wurden. Heute gehört es einer jüdischen Erbengemeinschaft, vertreten durch die Jewish Claims Conference (JCC) – einer internationalen Organisation mit Sitz in Frankfurt, die Vermögensansprüche von Opfern des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen verwaltet und derzeit 15 Prozent der Anteile an der Burgstraße 59 hält.
Der Altmarkkreis Salzwedel hatte der sogenannten Sicherung des Gebäudes angeordnet – und damit vergangene Woche, nur einen Tag vor dem Jahrestag der Novemberpogrome, mit Abrissarbeiten begonnen. Diese Entscheidung führte am Montagmorgen zu Protesten und breiter Kritik aus der Stadtgesellschaft. Neben der TraWo eG engagierten sich zahlreiche Einzelpersonen sowie der Arbeitskreis Salzwedeler Altstadt e.V. für den Erhalt des Hauses – ihr gemeinsames Ziel: ein Stopp der Abrissarbeiten und ein öffentlicher Dialog über den Umgang mit historischem Bestand. Dieses Engagement führte schließlich zu einer Einladung des Landkreises zu einem kurzfristigen Gespräch.
Am Dienstagmorgen fand das Treffen zwischen Vertreter*innen der TraWo eG, Landrat Steve Kanitz, Mitarbeitenden des Bauordnungsamtes und den juristischen Vertretungen des Altmarkkreises statt. Wir sind froh über die Einladung und die Möglichkeit, in einen konstruktiven Austausch zu treten – ein Schritt, den wir uns seit Beginn der Debatte gewünscht haben. Das Gespräch führte zu einem wichtigen Ergebnis: Der geplante Abriss der Burgstraße 59 wird um eine Woche ausgesetzt.
Zugleich konnte geklärt werden, dass es keine rechtliche Grundlage für die am Montagmorgen ausgesprochenen Platzverweise gab. Da wir im Einvernehmen mit der Jewish Claims Conference gehandelt haben, waren die Maßnahmen gegen unsere Unterstützer*innen unbegründet.
Wir begrüßen, dass nun endlich ein gemeinsamer Prozess angestoßen wurde. Wie bereits mehrfach betont, verstehen wir die Sachzwänge des Landkreises, seiner Pflicht nachzukommen, Gefahren für Dritte abzuwenden. Entscheidend ist für uns jedoch, dass solche Entscheidungen künftig transparent, gemeinsam und im Dialog mit der Stadtgesellschaft getroffen werden. Es geht um die Frage, wie wir in Salzwedel allgemein mit historischer Bausubstanz umgehen – und im Fall der Burgstraße 59 zudem um den verantwortungsvollen Umgang mit einer der wenigen sichtbaren Spuren jüdischen Lebens in der Stadt.
In den vergangenen Tagen haben wir gemeinsam mit Fachleuten, Statiker und Architektin begonnen, das Gebäude zu begutachten und uns ein eigenes Bild von der Situation zu machen. Nach ersten Einschätzungen werden für die Sicherung der Fassade rund 30.000 Euro benötigt.
Am Freitagabend wird die TraWo eG intern beraten, wie es weitergeht. Das nächste Gespräch mit dem Landkreis und Landrat Kanitz findet am kommenden Montag statt. Dort werden wir unsere Entscheidung und mögliche nächste Schritte vorstellen.
Wir möchten an dieser Stelle betonen: Es geht nicht darum, dass die TraWo eG das Gebäude für sich beanspruchen möchte. Wir möchten, dass die Burgstraße 59 erhalten bleibt – als Ort des Erinnerns und als Teil einer lebendigen Stadtgeschichte. Unser Engagement und unsere Expertise haben geholfen, den Prozess bis hierher zu bringen, doch um das Haus langfristig übernehmen und sichern zu können, sind wir auf breite Unterstützung angewiesen.
In den vergangenen Tagen haben wir viel Zuspruch aus der Bevölkerung erfahren. Innerhalb der TraWo eG hat sich bereits eine Arbeitsgruppe gebildet, in der sich interne und externe Unterstützer*innen gemeinsam für den Erhalt engagieren.
Wer sich beteiligen möchte – mit Zeit, Fachwissen oder finanziellen Mitteln – ist herzlich eingeladen, sich kurzfristig bei uns zu melden. Erste Zusagen gibt es bereits, doch für die dringend notwendige Sicherung der Fassade benötigen wir noch weitere Unterstützung. Jede Unterstützung hilft, das Gebäude zu stabilisieren und damit den Grundstein für eine Zukunft des Hauses zu legen.
Wir hoffen, dass wir alle Mittel zusammenbekommen, um die Burgstraße 59 erhalten zu können – und damit den drohenden Abriss in Salzwedel vorerst verlangsamt zu haben. Auch zukünftig hoffen wir auf einen konstruktiven Austausch mit allen Beteiligten. Daher möchten wir an dieser Stelle erneut unseren Vorschlag bekräftigen, einen Runden Tisch zu eröffnen: für eine gemeinschaftliche und bedürfnisorientierte Stadtentwicklung, bei der der Erhalt des historischen Bestands in der Salzwedeler Innenstadt ein Anfang sein kann.
Wir danken allen, die uns in den vergangenen Tagen mit Rat, Tat und Zuspruch unterstützt haben.
Lasst uns diesen Moment nutzen, um Verantwortung zu übernehmen und die Entscheidungen über unsere Stadt in die Hand zu nehmen – für eine Stadt, die erinnert, von unten gestaltet – kollektiv und solidarisch.